Schlaft Ihr? Der Krieg hat begonnen
Es ist ein Jahr her! Ein Jahr, seit um 4:30 Uhr morgens mein Hund stark zu bellen anfing. Ich beschloss nachzusehen, ich dachte, jemand wäre gekommen. Ich sah nach, doch es war niemand da und so schlief ich weiter. Um 6:15 Uhr wurde ich durch das Telefon meines Partners geweckt. Meine Mama war dran, ihre Worte werde ich nie vergessen:
„Alona, schlaft ihr?“
„Ja“
„Der Krieg hat begonnen!!! Anja konnte dich nicht erreichen. Sie weinte und sagte, sie werden getötet!!! Sie waren die einzigen, die es noch geschafft haben, mich anzurufen!“
Und ich habe geschwiegen. Ich weckte meinen Partner und bin Kaffee kochen gegangen. Ich ging hinaus in den Garten und hörte laute Explosionen, viele Vögel flogen über mir.
Und es gab nur eine Frage in meinem Kopf.
Was tun? Aus irgendeinem Grund lachte ich, ich konnte es nicht glauben.
Dann begann der Albtraum. Die Wände meines Hauses wackelten. Ich dachte, das Haus würde jeden Moment einstürzen. Ich deckte die Kinder mit meinem Körper und einer Wolldecke zu, in der Hoffnung, dass, wenn die Decke einstürzen würde, die Wolldecke den Schlag abmildern würde. Ich musste meiner ältesten Tochter die schlimmsten Worte sagen: „Wenn wir (mein Partner und ich) plötzlich weg sein sollten, weine nicht und sei nicht dumm. Nimm das Baby, das Geld, die Dokumente und geh zum nächsten Nachbarn oder zur Oma. Auch wenn du ganz alleine bleiben solltest, sitze nicht hier rum!“
Am 26.02. ging ich zu einem ein Lebensmittelgeschäft. Die Schlange war 50 Meter lang, wir standen, sahen das Flugzeug am Himmel, hörten die Explosionen. Als ich an die Reihe kam und ins Geschäft reinging, sah ich nur leere Regale. Man bekam nur ein Brot pro Kunden.
Ich hielt die ganze Woche aus. Ich weinte nicht. Wir scherzten sogar mit den Kindern.
Man hörte die Straßenkämpfe, sie waren ganz nah an unserem Haus.
Am 2. März weinte ich zum ersten Mal. Mein Partner wusste nicht, was er tun sollte. An dem Tag ist meine Schwester abgereist.
Am 3. März hatte ich Geburtstag, und meine Mutter sagte, ich solle zu ihnen kommen, weil sie Angst um uns habe, sie weinte am Telefon und sagte immer wieder, wie sollen kommen.
Am 4. März nahmen wir alle Tiere und fuhren zu meiner Mama. Dort war es ruhiger, wahrscheinlich weil wir alle zusammen waren. Wenn man die Flugzeuge nicht mit einbezieht.
Mitte April sind wir dann Richtung Deutschland geflüchtet. Mit dem Zug durch Polen bis Frankfurt. Dort holte uns die Mutter meines Partners mit einem Freund von der Caring Community Heilbronn ab und brachte uns nach Heilbronn in eine sichere Wohnung.
Seitdem ist ein Jahr vorüber, und mir kommt es vor, als hätte es das letzte Jahr nicht gegeben. Das ganze Jahr ist für mich der 24. Februar 2022.
Ich vermisse euch sehr, meine Liebsten…